So, möchte an dieser Stelle auch mal meinen Golf II vorstellen. Es handelt sich um das Zwischenmodell des GL, der in dieser Form nur von 08/1987 bis 07/1989 gebaut wurde: ohne Dreiecksfenster, dafür aber noch mit Chromkeder in den Fenstergummis und der schmalen CL-Stoßstange, ebenfalls mit Chrom. Anhand der Fahrgestellnummer konnte ich herausfinden, daß das Auto im Brüsseler VW-Werk hergestellt wurde.
Zum Golf II bin ich eher aus finanziellen und praktischen Abwägungen gekommen. Während meines Studiums war ein Auto ohnehin nicht tragbar, so daß ich mich mit dieser Frage erst auseinandersetzte, als ich 2009 ein Transportmittel brauchte, um ein Forschungsprojekt durchführen zu können. Die Auswahlmöglichkeiten waren durch den eigenen finanziellen Rahmen, der nur eine Investition von maximal 1.000€ zuließ, jedoch stark eingeschränkt. Die Anforderungen, die ich an das Auto hatte, waren einerseits ein gut nutzbarer Stauraum und eine gewisse Robustheit. Da es jedoch kein reines Baustellenfahrzeug sein sollte und ich das Auto auch nach Abschluß des Projektes längerfristig privat nutzen wollte, musste es mir natürlich auch optisch zusagen. Denn der Unterhalt eines Autos kostet immer Geld und niemand investiert gerne in etwas, was einem nicht gefällt.
Der perfekte Kompromiss schien in dieser Hinsicht der Golf II zu sein, zumal eine Freundin von mir einen Golf II fuhr - zufällig auch ein GL von '88 - und ich mich so bereits von den Qualitäten dieses Fahrzeugs überzeugen konnte (besonders die große Heckklappe und die umklappbare Rückbank machen den Golf II zu einem sehr praktischen Auto). Trotz zahlreicher studierter Gebrauchtwagenangebote konnte ich mich jedoch nicht für einen bestimmten Golf II entscheiden. Nachdem ich lange Zeit nur im Umkreis gesucht hatte, der Projekttermin aber immer näher rückte, dehnte ich die Suche aus. So kam es, daß ich eines Tages in einem 500 km von mir entfernten Ort bei Duisburg einen sehr elegant und gepflegt wirkenden Golf II GL entdeckte. Die Anzeige beinhaltete sehr viele Detailfotos und ich hatte schlagartig das Gefühl, daß das mein Auto ist, nachdem ich so lange gesucht hatte. Also am nächsten Tag dort angerufen, umgehend Kurzzeitkennzeichen besorgt und in den Zug gesetzt. Das war natürlich gewagt, denn ich hatte schon mal viel Geld investiert, ohne das Auto gesehen zu haben. Vor Ort stellt sich auch raus, daß nicht alles perfekt am Auto war. So waren z. B. die A-Säulen an der Windschutzscheibe beiderseits durchgerostet (ansonsten hatte das Auto außer am Heckabschlußblech jedoch keinen Rost). Ich kaufte das Auto trotzdem, auch wenn der runtergehandelte Preis immer noch zu hoch war für ein Auto, das keinen TÜV mehr hatte und bereits ein Jahr stillgelegt war. Zu meiner Entscheidung trug allerdings auch bei, daß ich keine Rückfahrkarte gelöst hatte und ich, nachdem es nach einer kurzen Probefahrt inzwischen Abend geworden war, entweder in dem nur mit Bussen zu erreichendem Ort hätte übernachten oder eine nächtliche Strandung auf irgendeinem Bahnhof in Kauf hätte nehmen müssen.
Das größte Problem sollte jedoch später der 55PS-Vergasermotor mit U-Kat darstellen. Ich hatte mich in dieser Hinsicht einfach zu schlecht informiert und ging etwas zu optimistisch an die Sache ran, so daß ich noch keine Ahnung hatte, was das an Steuern bedeuten würde. Aber dazu später mehr. Da ein Freund von mir glücklicherweise einen KFZ-Mechaniker kannte, der die A-Säulen günstig schweißen konnte, kriegte das Auto mit neuen Vorderachsbremsen dann auch einen Tag vor Projektbeginn neuen TÜV und es war wirklich eine verdammt knappe und nervenzehrende Angelegenheit, die mich mit dem Auto schon mal zusammengeschweißt hat...
In den Jahren, die ich das Auto nun habe, habe ich einiges gemacht und auch einiges an Geld investiert, was über den Wert eines Nutzfahrzeugs hinausgeht. Werde nun nach und nach ein paar Bilder vorstellen. Vorweg: ich hatte und habe nicht vor, das Auto einem Tuning zu unterwerfen, das es völlig entstellt. Es wäre auch etwas lächerlich, ein Auto mit 55 PS so tief, breit und laut wie möglich zu machen. Vielmehr habe ich es mir zum Ziel gesetzt, nur originale und zeitgenössische VW-Teile zuverbauen, die das Auto ausstattungsmäßig aufwerten aber den Charakter bewahren. Dies hier ist im Gegensatz zu vielen anderen Vorstellungen nichts für Reifen- und Felgenfetischisten und ich werde mich nicht damit beschäftigen, welche maximale Reifengröße man am Golf II bei einer Bodenfreiheit von 0,1cm zur Ölwanne noch fahren kann. Nun aber Fotos:
Das früheste Bild, das ich habe: Überführungsfahrt bei einsetzendem Schneetreiben auf der Autobahn nachts um 3
Eine Woche später: immer noch ohne TÜV, mit abgelaufenen Kurzzeitkennzeichen und nahe der Verzweiflung
Endlich mit TÜV und bereits im Arbeitseinsatz in Sachsen-Anhalt
Das Auto diente mir als eine Art Baustellenfahrzeug während einer Ausgrabung und bewährte sich sehr gut
Zwischendurch wurde es auch mal gereinigt und die roten Zierstreifen wurden auch entfernt