VW mit Kostensenkungsprogramm

    • Offizieller Beitrag

    Der Zeitpunkt hätte nicht schlechter sein können. Wenige Tage vor Beginn des Internationalen Automobilsalon in Genf dämpft die Nachricht des größten europäischen Autoherstellers über ein massives Kostensenkungsprogramm auf die Stimmung. "Das wird das Thema der Show", sagt ein Branchen- und Unternehmensbeobachter. Für ihn wird es in den nächsten Tagen spannend, erwartet er doch reichlich Spekulationen und Rummel um den Wolfsburger Konzern, vor allem um dessen Vorstandschef Bernd Pischetsrieder. Über den ranken sich seit Wochen Gerüchte über einen Abtritt durch seinen Vorgänger und Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piech.


    Gesprächsstoff wird es damit in Genf, wo sich Rang und Namen der internationale Autoindustrie mit insgesamt 262 Ausstellern trifft, zur Genüge geben. Wird Pischetsrieder durchhalten? Hat er den Fehdehandschuh aufgenommen und räumt mit Piechs Erbe einer zum Teil verfehlten Produktstrategie und einer zu unnötigen Luxus-Strategie auf? Sicher ist: Der Auftritt von Pischetsrieder, der für Montagabend in Genf anläßlich der Präsentation von VW geplant ist, wird heiß.


    Als wenn das nicht genug ist, nimmt der seit knapp zwei Jahren amtierende Vorstandschef Pischetsrieder die Ouvertüre für die erste große Autoschau in Europa in diesem Jahr schon einmal vorweg, in Moll gespielt. VW als Nummer eins in Europa konstatiert eine anhaltend schlechte Konjunktur. "Wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß die Konjunktur auf den wichtigsten Automobilmärkten entgegen aller Prognosen noch immer nicht angesprungen ist", hieß es am Freitag in einer Pressemitteilung des Konzerns.


    Der Januar-Schock


    Bei VW wie bei den anderen Herstellern sitzt der Schock über den Einbruch bei den Januar-Neuzulassungen im größten europäischen Einzelmarkt Deutschland, aber auch im wichtigen Markt Frankreich (beide minus 12 Prozent) nach, begleitet von schwachen Auftragseingängen und damit wenig verheißungsvollen Perspektiven für das Jahr 2004.


    Die Genfer Schau mit ihren mehr als 70 Welt- und Europa-Premieren zeigt indes wieder Glamour, wenn Audi den neuen A6, BMW seinen Kombi Fünfer-Touring, Fiat den völlig überarbeiteten Van Multipla, Mercedes-Benz das viertürige Coupe CLS 500, Bentley den neuen Arnage, Lamborghini einen Murcielago Sportcabrio oder Peugeot den Mittelklässler-Nachfolger 407 präsentieren. Die mehr als 700 000 Besucher, die zwischen dem 4. und dem 14. März erwartet werden, dürfen ins Schwelgen und Träumen kommen.


    Doch die Realität sieht anders aus: "Käuferstreik", beschreibt Christoph Stürmer vom Marktforschungsinstitut Global Insight die Stimmung. "Im vergangenen Monat hat es einen Zusammenbruch ausschließlich im privaten Bereich gegeben." Während das Flottengeschäft mit einem Anteil von rund 50 Prozent an den Gesamtzulassungen in Deutschland etwa konstant blieb, gab es bei den Privatenkunden ein Minus von 25 Prozent. Zumindest die Auftragslage, darauf deuten erste Daten hin, scheint sich im Februar sichtbar verbessert zu haben.


    Stürmer rechnet damit, daß die Zurückhaltung im Verlauf des Jahres abnimmt; ein Grund, warum er seine Prognose für dieses Jahr nur leicht von ursprünglich knapp 3,4 Millionen Neuzulassungen auf 3,35 Millionen Autos zurücknimmt. Mit dem erwarteten Zuwachs von 3,7 Prozent nähert er sich dem vorsichtigeren Verband des Automobilindustrie (VDA), der einen Anstieg im Absatz gegenüber dem Vorjahr (3,24 Millionen Autos) von etwas mehr als 3 Prozent erwartet.


    Golf hat Signalwirkung


    Der enttäuschende Start des so wichtigen Volumenmodells VW Golf V, der dem Wolfsburger Konzern nun große Probleme bereitet, hatte für die Branche insgesamt eine negative Signalwirkung. "Durch einen guten Verkauf des neuen Golf rechneten wir eigentlich mit Impulsen und Mitzieheffekten für die gesamte Branche", sagt ein Manager eines ausländischen Konkurrenten. Vergebens. Mit großer Spannung wird die weitere Entwicklung betrachtet. Werden auch die anderen Volumenmodelle dieses Jahres - der Opel Astra und der Ford Focus - ebenfalls mit zögerlicher Nachfrage konfrontriert werden?


    Die Ursachen für die schwierige Marktlage bleiben dieselben, die schon seit vier Jahren die Kaufstimmung eintrüben, wirken mittlerweile aber noch stärker: Unsicherheit über die Zukunft, Angst vor Arbeitslosigkeit, Mehrbelastungen durch steigende Aufwendungen für Kranken- und Altersvorsorge. "Das angeblich verbesserte Klima unter den Verbrauchern findet sich nicht in den Auftragsbüchern der Autoindustrie wieder", sagt Autoexperte Peter Schmidt von Automotive Industry Data (AID). "Das Umfeld ist miserabel." Da hätten die Hersteller keine Wahl, als noch mehr Preiszugeständnisse zu machen, um den abwartenden Kunden zum Kauf zu bewegen.


    Für Schmidt ist bei den Rabattschlachten Neuland betreten worden. Erstmals ist der neue Golf nicht nur wenige Wochen nach Verkaufsbeginn von einigen Händlern mit Rabatten von 5 bis 10 Prozent verkauft worden. Nach dem mißlungenen Start gibt VW seit vier Wochen die Klimaanlage im Wert von 1200 Euro gratis dazu. Erzrivale Opel hat für den neuen Astra, der noch nicht einmal auf dem Markt ist, mit hoher Zusatzausstattung einen Frühbucherrabatt geboten. Das zeigt die Richtung in diesem Jahr, gut für den Käufer, schlecht für die Ertragslage der Unternehmen.


    Woanders auch Zuwachsraten


    Doch gibt es in Europa immer noch Regionen, in denen Autos gut verkauft werden. Nicht nur im Januar hat es etwa in Spanien, Italien und Großbritannien hohe Zuwächse von 6 bis 9 Prozent gegeben. Auch 2003 gab es in diesen Ländern - von Italien abgesehen - ein Plus. Zudem rücken die japanischen Hersteller immer weiter vor, die 2003 und in den ersten Wochen 2004 die großen Gewinner waren. Toyota (2003 Absatzplus 7 Prozent in Westeuropa), Nissan (plus 13 Prozent) und Mazda (plus 30 Prozent) und Konsorten zeigten es den europäischen, besonders den deutschen Wettbewerbern: Autos sind doch noch zu verkaufen.



    (faz)

Supporte uns und mehr Features für dein Profil erhalten

Das Forum unterstützen und gleichzeitig mehr Power für dein Profil?

  • mehr Speicherplatz in der Galerie
  • kein Download-Limit in der Datenbank
  • überproportional mehr Speicherplatz bei den privaten Nachrichten
  • mehr Anhänge/Bilder im Forum
  • individueller Benutzertitel wählbar
  • uvm. (mehr Infos hier)


zum WOBber+ Abo

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!

  • Registrierte Mitglieder haben die folgenden Vorteile:
  • ✔ kostenlose Mitgliedschaft
  • ✔ direkter Austausch mit Gleichgesinnten
  • ✔ keine Werbung im Forum
  • ✔ neue Fragen stellen oder Diskussionen starten
  • ✔ kostenlose Nutzung unseres Marktbereiches
  • ✔ schnelle Hilfe bei Problemen aller Art
  • ✔ Bilder hochladen und den Auto-Showroom nutzen
  • ✔ und vieles mehr ...