Keine Prognosen mehr

    • Offizieller Beitrag

    "Wir geben keine Prognose mehr ab", sagt ein sichtlich gut gelaunter VW-Vorstandschef bei Vorlage der Bilanz des Autokonzerns. Weder zu den Finanzzahlen, noch zu den Absatzerwartungen für 2005 äußert sich Bernd Pischetsrieder. Was die Kapitalmärkte meist verschreckt und am Dienstag für Abschläge von mehr als zwei Prozent sorgte, ist für ihn nur die Konsequenz aus der Erfahrung mit dem Golf V, für den er vor einem Jahr eine verkaufte Stückzahl von 600.000 im ersten Jahr auf dem Markt nannte - wobei der Ausblick mit rund 530.000 Fahrzeugen letztlich um gut elf Prozent verfehlt wurde.


    Das "lästige Thema Golf" (Pischetsrieder) ist noch da. Und der neue Passat. Auch hier hat Volkswagen aus den Golf-Erfahrungen gelernt. Es gibt keine Absatzprognose für die neue Konzernhoffnung. Und noch eine Lektion: Der Passat wird denselben Einstiegspreis haben wie das Vorgängermodell. Beim Golf V war vielfach der hohe Verkaufspreis bemängelt worden. Dabei verkauft VW inzwischen jeden zehnten Golf in der sportlichen GTI-Variante, die weitaus teurer ist. Und für das untere Preissegment steht der Fox in den Startlöchern. Der hauptsächlich in Brasilien entwickelte Kleinwagen sei zwar "kein Billig-Auto", wie Pischetsrieder betont. Er soll den deutschen Kunden aber weniger als 10.000 Euro kosten.

    Warten auf Bernhard


    Pischetsrieder hat noch Anderes in petto. "Natürlich" wisse er, ebenso wie sein neuer Vorstandskollege Wolfgang Bernhard, der noch in diesem Jahr die Markengruppe von VW leiten soll, wann genau der VW-Marken-Chef seine Arbeit aufnehmen wird. Ein Datum nennen will Pischetsrieder aber nicht. Es werde "deutlich" vor dem spätest möglichen Zeitpunkt, dem kommenden Jahreswechsel, liegen, sagt der Vorstandschef nur. Und lächelt süffisant in die Kameras. Gründe für die Geheimniskrämerei nennt er auch auf Nachfrage nicht. Bis zur offiziellen Übernahme des Postens bleibe Bernhard, dem der Ruf eines harten Sanierers vorauseilt, ein Vorstand "ohne Portfolio, aber nicht ohne Ideen".


    Welche das sind, sagt auch Bernhard selbst nicht. "Nach vier Wochen im Konzern" sei er erst in der Einarbeitungsphase, entschuldigt er sich. Immerhin hätten ihn Vorstandskollegen, Betriebsrat und Belegschaft "sehr offen, freundlich und vertrauensvoll" aufgenommen, erzählt er. Konkrete Aussagen, wie die Sparvorgaben des Programms "For Motion" von mehr als drei Milliarden Euro in diesem Jahr zu schaffen sind, will er "zu gegebener Zeit" machen. Nur für eine klare Aussage reicht es: Über eine "Sonderabschreibung zu Jahresende" als Ergebnis seiner Umstrukturierung, über die in der Presse spekuliert worden war, lägen ihm "keinerlei Erkenntnisse vor", betont Bernhard. Darüber hinaus beschränkt er sich auf dem Podium mit der Vorstandsriege auf einen energischen Blick - heruntergezogene Augenbrauen, leicht zusammen gekniffene Augen. Ein Sanierer halt, ein Macher.


    Vor allem schnell müssen Bernhards Ideen umgesetzt werden, wenn er die Arbeit aufgenommen hat, betont Pischetsrieder. Denn der Wettbewerb im internationalen Autogeschäft bleibt laut Vorstandschef hart. Zu oft habe die Branche auf Besserung gehofft, 2004 sei sie "wieder einmal" enttäuscht worden. Nicht nur die Konzerne, auch Marktforscher hätten daneben gelegen - noch ein Grund mehr, keine Prognose zu wagen, findet Pischetsrieder. Denn die Marktentwicklung "hängt von heute nicht prognostizierbaren externen Umständen" ab, befindet er.


    Dass er vor weiteren Problemen steht, ist ihm klar. Aber immerhin zeichnen sich einige Lösungen ab. So sollten neue Modelle für den US-Markt, zuerst der Jetta und später der Passat, die Rückgänge des Vorjahrs vergessen lassen, als die US-Verbraucher die veralteten VW-Modelle nicht mehr haben wollten. Einen Grund, bei der Rabattschlacht voll mitzuziehen, sieht Pischetsrieder daher nicht.


    China wird sich "rasant entwickeln"


    Auch nicht in China, wie er betont. Dort sollten die Kunden vielmehr auf das hingewiesen werden, was Volkswagen in Deutschland schon immer vor einer Senkung der Listenpreise hat scheuen lassen: Der Wiederverkaufswert werde auch in der Volksrepublik an Bedeutung gewinnen, gibt sich der zuständige Vorstand Folker Weißgerber zuversichtlich. Denn ein Gebrauchtwagen werde sich in China "rasant entwickeln". Doch auch in China bleibt das Dollar-Problem: Die Landeswährung Yuan ist noch immer an den Dollar gekoppelt.


    Kaum ein Autokonzern hat derartige hohe Wechselkursrisiken wie VW, auch wenn laut Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch intensive Absicherungsgeschäfte getätigt wurden. Darüber hinaus sei nur noch das möglich, was Fachleute "natural hedging" nennen - also die direkte Produktion im Dollar-Raum, anstatt zu Euro-Bedingungen dorthin zu exportieren. Audi-Chef Martin Winterkorn würde das gerne für seine Marke machen, auch weil sich die Konkurrenten BMW und Mercedes - als Teil des DaimlerChrysler-Konzerns ohnehin zur Hälfte amerikanisch - mit eigener Produktion bei den patriotischen US-Autokäufern einen Vorteil verschafft haben.


    Kein Ausblick


    Doch VW hat das Geld nicht, denn die Sparmaßnahmen treffen auch die Investitionen. Nur noch sieben Prozent vom Umsatz steckte der Konzern 2004 in Sachinvestitionen, trotz der vielen neuen Modelle. Einen Ausblick, wie der Wert in diesem Jahr ausfallen wird, gibt es nicht. Insgesamt werde das Ergebnis "besser" ausfallen als im Vorjahr, orakelt Konzernchef Pischetrieder, ohne Details zu nennen. Aber das laufende erste Quartal sei "nicht zufrieden stellend" gewesen, wie schon im Vorjahr. Darüber, was ihn zufrieden stellen würde, schweigt er.


    Eigentlich lässt sich die gute Laune von Bernd Pischetsrieder nicht damit erklären, dass er seine Prognose für das operative Ergebnis 2004 leicht übertroffen hat. Auch nicht mit den um etwa eine halbe Milliarde Euro höher ausgefallenen Spareffekten durch "For Motion". Dass er sich nicht konkret zu Vorgaben äußert, wird in den kommenden Wochen für viel Spekulationen sorgen. Vielleicht freut sich Pischetsrieder darauf. Oder er ist zuversichtlicher, als er öffentlich zugeben mag, und setzt auf den Überraschungseffekt.


    Aus den "über 20 neuen Produkten und Produktvarianten" werde sicher eine Absatzsteigerung resultieren, sagt er immerhin - ihre Größe bleibt unbekannt. Aber die Produktoffensive werde frühestens im zweiten Quartal, eher im zweiten Halbjahr greifen. Insgesamt "wird es besser werden", verspricht Pischetsrieder für das operative Ergebnis lediglich. Das klingt weniger fröhlich als vielmehr ein bisschen ratlos.



    (n24.de)

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