Hallo Forum,
wer hier "Golf 3 -- Sondermodell -- Citystromer" auswählt, der landet bei der Meldung "Hier existiert kein Beitrag".
Das ist schade und muss sich umgehend ändern, daher nehme ich das jetzt in Angriff.
Der 3er Citystromer im Überblick:
Golf 3, gebaut als Kleinserie 1995/96 mit nicht mal 120 Einheiten
5-Gang Schaltgetriebe
96V/160Ah Bleiakku im Auslieferzustand 1995
96V/180Ah Bleiakku kamen später als Weiterentwicklung auf den Markt
Die Reichweite damit lag bei 50-60km Sommer wie Winter, weil der Wagen keine Klimaanlage besitzt und eine
mit Diesel betriebene Eberspächer Standheizung aufweist. Weder Kälte- noch Wärmeerzeugung bedarf der Energie aus der Antriebsbatterie.
Als Höchstgeschwindigkeit steht Tempo 100 in den Papieren, das ist aber nur auf ebener Strecke und mit vollen Akkus zu erreichen.
Der Antriebsstrang aus Motor und Umrichter stammt aus dem Hause Siemens,
Der Motor ist eine flüssig gekühlte, permanent erregte Drehstrom-Synchronmaschine mit Lagegeber.
Der Umrichter ist ein auf IGBT-Technologie basierender Wandler, der die Batteriespannung in das für den Motor notwendige
Drehspanunngssystem umsetzt.
Mittels feldoreintierter Regelung, einem System zur Ansteuerung rotierender Maschinen, erreicht der Antireb das maximale Drehmoment
bei jeder Drehzahl von null bis zur Nenndrehzahl.
Rangieren ist damit sehr einfach, mit 13 Sekunden von 0 auf 50km/h ist der Wagen leider trotzdem kein Rennauto.
Die Kupplung braucht man nur zum Schalten während der Fahrt, Anfahren geht mit eingelegtem Gang nur mit Gas geben.
Das Laden geht serienmäßig nur über das an Bord befindliche Ladegerät
an der 220V-Steckdose; den wirklich leeren Akku vollständig
laden dauert ca. 6-8 Stunden
Aus der Kleinserie die weniger als 120 Fahrzeuge hatte, sind nach aktuellen Zahlen der KBA heute in Deutschland noch 38 Fahrzeuge auf der Strasse.
Es fahren noch ein paar weitere in Europa, einige stehen zur Restauration in Garagen und Scheunen oder verrotten auf irgendwelchen Hinterhöfen . Persönlich weis ich von mindestens 11, davon 6 die das Potential haben, mal wieder auf die Strasse zu kommen.
Trotzdem - der Citystromer ist vom Aussterben bedroht.
Aus dem Marketing das für das Fahrzeugs gemacht wurde stammen dieses Übersichtsbild und die technischen Daten:
Ich fahre meinen Golf 3 Citystromer inzwischen fast 10 Jahre und nutze den Wagen als Alltagsfahrzeug.
Drei Dinge sind es, die dieses Fahrzeug nach einiger Zeit braucht, um auch den Status "Oldtimer" noch mit Funktion zu erreichen.
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Wie hier beschrieben lohnt es sich, die Blei-Akkus durch modernere Zellen zu ersetzt. Je nach Umrüstung erhöht das
die Reichweite auf über 100km. Moderne Akkus können ein vielfaches der Lebensdauer der Bleiakkus erreichen.
Mit der Wahl entsprechender Zellen ergibt sich eine Lebensdauer von einer halben Million Kilometer.
Da die Bleiakkus "nur" 40-50.000km halten sind die teureren Li-Ionen-Akkus trotzdem eine gute Investition, der Einbau
in den Wagen ist wenig aufwändig und gut selber zu bewältigen.
Die Zellen, für die ich mich entschieden habe sollten unter europäischem Klima und mit meinem Nutzungsprofil voraussichtlich mehr als 15 Jahre halten. Vier sind jetzt rum und ich kann noch keinen Verlust an Kapazität messen - 20 Jahre Nutzung sind anvisiert. - In der Elektronik sind Stromsensoren zum Einsatz gekommen, die leider über die Jahre unter Feuchtigkeitseinflüssen leiden.
Das führt zum Ausfall der Regelung an der elektrischen Maschine und damit zum Ausfall des Wagens - allerdings nicht zu Beschädigungen weiterer Bauteile. Der Austausch der Stromsensoren stellt sich als etwas schwieriger dar, denn das Bauelement wird nicht mehr hergestellt.
Selbst wenn man unbenutzte Ersatzteile findet sind die über 15 Jahre alt und der nächste Fehler ist vorprogrammiert.
Es gibt Ersatztypen die elektrisch kompatibel sind und sogar die gleichen Stecker mit identischer Pinbelegung aufweisen, diese
passen aber mechanisch nicht auf die stromführenden Bolzen. Feilen oder abfräsen hilft, ohne mechanische Anpassung am Umrichter
geht es aber nicht. - Die Leistungshalbleiter im Auto sind eigentlich für die Ewigkeit gemacht, weil sie hoffnungslos überdimensioniert sind.
Trotzdem sind 20 Jahre auch für diese Komponenten eine Herausforderung und das aus den 1995ern stammende Material hatte bei weitem
nicht die Qualität, die solche Teile heute aufweisen.
Leider sterben solche Bauteile häufig sehr spontan und reißen oft benachbarte Teile oder Elemente der Ansteuerschaltung dabei mit in den Tod.
Präventiv austauschen ist eine recht kostspielige Sache; auf den Ausfall warten und riskieren, dass weitere Teile beschädigt werden ist ein Risiko.
In meinem Auto war die Umrüstung auf moderne Halbleiter wegen eines Ausfalls nötig. Wahrscheinlich, weil unbemerkt das Kühlwasser zu niedrig stand und die Halbleiter zu Heiß geworden waren - einer von 6 kaputt
Da man alle sechs tauschen sollte kosten alleine die Ersatzteile schnell mal 400€.
Eine im Vergleich dazu nur unangenehme Kleinigkeit ist das Gebläse der Eberspächer Standheizung, das nach 23 Jahren ebenfalls erste Mucken macht. Das Ersatzteil ist leider unverschämt teuer - wenn man es überhaupt noch bekommet.
Gerade dieser Tage - September 2018 - bereite ich die Pläne vor, dem Wagen weitere 10 Jahre zu verschaffen.
Die Karosse ist eben Golf 3 und braucht nach dem nächsten Winter ein bischen Liebe und Pflege.
Wahrscheinlich nicht so intensiv wie es mad² an seinem 2er Citystromer getrieben hat, allerdings soll der Motorraum neu lackiert werden,
Achskörper, Aggregateträger und Hinterachse sollen raus zur Entlackung/Entrostung/Beschichtung und erste inzwischen bestehenden Rostkleckse soll der Lackierer im Frühjahr ausmerzen.
H-Schild - ich komme!
Gruß - 4of4